Ray Bradbury: Fahrenheit 451

Den Titel kennt fast jeder, dass es sich bei „Fahrenheit 451“ um einen Klassiker aus dem Bereich Utopie handelt, ist auch bekannt, doch ich muss gestehen, ich habe mir oft vorgenommen, das Buch zu lesen, es aber lange nicht geschafft. Welch Glück, dass in der vergangenen Lesechallenge (MüHeiHaMaLeCha 2017) eine Kategorie „Eine Utopie“ war. Da Bradbury schon lange auf meiner Liste stand, habe ich mich dann für das schmale Büchlein entschieden und die englische Version bestellt.

Leider hat mich schon die erste Überschrift etwas überfordert und abgeschreckt „The Heath and the Salamander“. Kurz ein Fragezeichen in meinem Gesicht, dann im Wörterbuch gespickt. In der deutschen Übersetzung heißt es „Häuslicher Herd und Salamander“ und bei mir: immer noch ein Fragezeichen. Leider hat es sich so die ersten Absätze durchgezogen und wenn ich ständig Wörter nachgucken muss und so gar nicht in das Buch reinkomme, macht es mir keinen Spaß mehr. Also war meine Konsequenz, dass ich mir die deutsche Ausgabe vom Diogenes Verlag als E-Book runtergeladen. Eine Ausgabe von 2015, der Text folgt der 2003 vom Autor überarbeiteten Jubiläumsausgabe mit einer neuen Einleitung und einem neuen Nachwort.

Da war es um mich geschehen. Ich liebe Klassiker, die einige Jahre oder Jahrzehnte nach dem Verfassen kritisch von ihren Autoren betrachtet werden und nicht überarbeitet, sondern mit einer Einleitung oder Kommentaren versehen werden. Mir macht das deutlich mehr Spaß als Lektürehelferlein von Reclam oder anderen einschlägigen Verlagen. Die Jubiläumsausgabe ist tatsächlich 50 Jahre nach der Veröffentlichung von „Fahrenheit 451“ erschienen. Dass der Autor dann noch lebt und über die Entstehung erzählt ist wirklich cool.

Aber vielleicht erst einmal etwas zum Inhalt. In der Welt die Bradbury beschreibt, sind Bücher nicht gerne gesehen. Die Feuerwehr ist nicht dafür zuständig Brände zu löschen, denn in den feuerfesten Häusern ist das gar nicht mehr nötig. Sie verbrennen Bücher, sobald irgendwo noch welche auftauchen, denn Bücher zu besitzen ist streng verboten. Die Hauptfigur Guy Montag ist Feuerwehrmann und macht sich über seine Aufgabe gar nicht so viele Gedanken bis er sich ein paar Mal mit einem Mädchen aus der Nachbarschaft unterhält. Vielleicht wäre es doch mal spannend in so ein Buch hineinzusehen?

Insgesamt ist die Geschichte kurz und knapp. Die englische Ausgabe hat 158 Seiten. Ray Bradbury erklärt in seinem Vorwort, dass der Kurzroman „Fahrenheit 451“ aus einer Kurzgeschichte entstanden ist, die im Magazin „Galaxy Science Fiction“ und dem Titel „Der Feuerwehrmann“ erschienen ist. Ein Verleger erkannte laut des Autors das Potential der Geschichte und wollte es gerne als Buch verlegen, wenn er aus der 25.000 Wörtern-Geschichte eine doppelt so lange machen könnte. Geschrieben hatte er sie übrigens im Keller der UCLA. Dort konnte man sich eine Schreibmaschine für zehnt Cent pro Stunde ausleihen. Und für etwas über neun Dollar hat er sie in kürzester Zeit fertig gestellt.

Die Suche nach einem Zeitungsverleger, der Teile der Geschichte vorab druckte, stellte sich als deutlich schwieriger raus, als gedacht. In der McCarthy-Ära war es fast ein bisschen wie in seinem Buch. Unliebsame Bücher wurden aus den Büchereien entfernt, heißt es in dem Nachwort und keiner wollte bei so einem kritischen Buch, mit im Boot sein. Bis auf einen: Hugh Hefner. Ja, tatsächlich, es geht um den mittlerweile verstorbenen Herausgeber des Playboy. Zu dieser Zeit war er ein junger Redakteur, beschreibt Bradbury, ohne Bargeld, aber voller Zukunftsversionen. Er kauft das Manuskript für 450 Dollar. Und so ist „Fahrenheit 451“ in der zweiten, dritten und vierten Ausgabe seines frisch entstandenen Magazins erschienen. Coole Geschichte, oder?

Falls sich jemand fragt, was der Titel überhaupt zu bedeuten hat, 451 Fahrenheit (also 232° Celsius) ist die Temperatur, bei der Bücherpapier Feuer fängt und verbrennt. Ob das wirklich so ist, weiß ich nicht genau. In verschiedenen Quellen habe ich gelesen, dass die Temperatur wohl die ist, bei der Viskose Feuer fängt und verbrennt und dass Bradbury das leider etwas falsch interpretiert hat, denn Buchseiten bestehen meistens nicht aus Viskose. Egal, ist ja auch nur Klugscheißerei auf die ich selbst sowieso nicht gekommen wäre.

Natürlich wurde „Fahrenheit 451“ schon verfilmt. 1966 von Francois Truffaut. Allerdings hat er einiges an der Geschichte verändert, was wohl auch in den Kritiken eher negativ aufgenommen wurde. Im Frühjahr dieses Jahres kommt bei HBO ein neuer Film zum Buch heraus. Den Film-Trailer gibt es schon. Wahrscheinlich haben sie ja auch dieses Mal einige Änderungen am Original vorgenommen. Aus meiner Sicht kann es nicht schaden, denn insgesamt fehlt dem Roman ein bisschen der Drive. Natürlich ist er sehr kurz, aber er endet auch sehr abrupt.

Zum Schluss noch ein kleiner Funfact: Ray Bradbury hat für sein Buch „Fahrenheit 451“ den Huga Award bekommen, wohl den wichtigsten Science Fiction-Preis in den USA. Allerdings nicht als das Buch 1953 herausgekommen ist – übrigens auch das Jahr in dem der Preis zum ersten Mal verliehen wurde – sondern genau 50 Jahre später, also sogenannter Retro-Preis. Der geht an Werke, die den Preis verdient hätten:

Science Fiction has been going a lot longer that the Hugos, so many famous works never got the chance to win an Award. The WSFS Constitution gives Worldcons the right to award Hugos for a year 50, 75 or 100 years in the past, provided only that there was a Worldcon in that year but no Hugos Award election happened that year. Not all Worldcons choose to do this. (Quelle: http://www.thehugoawards.org)

Über zu wenige Preise muss sich Ray Bradbury aber nicht beschweren. Der Autor hat einige abgeräumt. Zuletzt wurde er 2007 im Rahmen der Pulitzer-Preisverleihung für sein Lebenswerk geehrt. Ray Bradbury lebte von 1920-2012.